6.1. Chirurgische Therapie
6.1.1. Präoperative Untersuchungen
6.1.1.1. Präoperative Untersuchungen bei DCIS und invasiven Karzinomen
• Routine-Labor
• Histologie inkl. ER, PR, HER2-Rezeptoren, Ki-67 (MIB-1); für DCIS ER, PR.
• Mammografie: Evaluierung der Tumorgröße und weiterer suspekter Läsionen ipsilateral, Beurteilung der kontralateralen Brust.
• Mamma-Sonografie
• Sonografie der Axilla und sonografisch gezielte Stanzbiopsie von suspekten Lymphknoten beim invasiven Karzinom (Houssami et al., 2011).
• Selektive Anwendung der MR-Mammografie (Hwang et al., 2003; Deurloo et al., 2012; Dominica et al., 2011):
-Evaluierung der Tumorgröße, Ausschluss einer Multifokalität/Multizentrizität und okkulter Tumoren bei einem invasiven lobulären Karzinom
-bei hoher Brustdichte und nicht darstellbarem Tumor in der konventionellen bildgebenden Diagnostik
-vor und nach neoadjuvanter systemischer Therapie zur Evaluierung der Tumorgröße, des Therapieansprechens und der Möglichkeit einer BET
-zum Ausschluss einer Mikroinvasion bei einem bioptisch gesicherten ausgedehnten DCIS
-bei Vorliegen einer Paget’s Disease (Houssami et al., 2011) (bei negativer Mammografie, da in > 60 % ein DCIS und in < 10 % ein invasives Karzinom vorliegt)
-bei Vorliegen einer BRCA1-/BRCA2-Mutation (siehe 2.1.)
• Spezielles:
-genetische Beratung bei positiver Familienanamnese
-Beratung zur Fertilitätserhaltung bei entsprechendem Wunsch der Patientin
6.1.1.2. Präoperative Untersuchungen bei inflammatorischem Mammakarzinom und lokal fortgeschrittenem Mammakarzinom (Dawood et al., 2011)
• Zusätzliche präoperative Untersuchungen: Skelettszintigrafie, CT Thorax/Abdomen/Becken, FDG-PET-CT
-ein Ganzkörperstaging (CT Thorax/Abdomen, Skelettszintigrafie) sollte nur bei Frauen mit höherem Metastasierungsrisiko (> T2, N+) und/oder aggressiver Tumorbiologie (HER2+, triplenegativ), bei Symptomen/klinischen Zeichen oder bei geplanter zytotoxischer Therapie durchgeführt werden (AWMF – S3-Leitlinien 2020)
6.1.1.3. Präoperative Drahtmarkierung (Lovrics et al., 2011)
• Zur exakten Identifizierung von nicht-palpablen Tumoren.
• Mehrere Drahtmarkierungen können bei einem ausgedehnten DCIS oder bei Multifokalität hilfreich sein.
• Intraoperative Präparatradiografie erforderlich.
6.1.2. Zur Integration der chirurgischen Therapie in unterschiedlichen Erkrankungskontexten siehe 6.4.
6.1.3. Exkurs: Brustrekonstruktion
• Durch die Zunahme von brusterhaltenden Operationsverfahren ist die Zahl der Brustrekonstruktionen zurückgegangen.
• Ein wichtiges Argument für die Rekonstruktion nach Mastektomie ist der Wunsch nach Wiederherstellung des äußeren Körperbildes.
• Die Information über die Möglichkeit eines Wiederaufbaus sollte daher ein fester Bestandteil der präoperativen Aufklärung bei jenen Frauen darstellen, bei denen ein Brusterhalt nicht möglich ist.
6.1.3.1. Silikonprothetik
• In Österreich praktisch ausschließlich Silikonprothesen:
-gelgefüllt oder mittels physiologischer Kochsalzlösung auffüllbar und damit volumenadaptierbar
-auch doppellumige Kochsalz/Silikongel-Prothesen als permanente Expanderprothesen („Becker-Prothesen“): Kochsalzreservoir postoperativ befüllbar, zusätzlich entfällt Austausch des primär implantierten Expanders gegen die endgültige Prothese, lediglich das Auffüllventil sollte nach etwa 6 Monaten entfernt werden
-Vorteile: kurze OP-Dauer, normalerweise keine weiteren Narben
-texturierte Oberfläche allen Prothesen gemeinsam (Senkung der Kapselfibrosen-Rate auf < 4 %)
• Indikationen: Besonders bei Patientinnen indiziert, deren Gewebe weder bestrahlt noch zuvor operativ geschädigt wurde.
• Operationstechnik:
-sofortige („primäre“ oder „einzeitige“) Rekonstruktion als Methode der Wahl, idealerweise mit einer hautsparenden „Skin-sparing“ oder „Nipple-sparing“ Mastektomie kombiniert
-Implantate in der Vergangenheit stets subpektoral gelegt aus kosmetischen Gründen und zur Vermeidung von konstriktiven Kapselfibrosen
-für regelrechten Prothesensitz und symmetrische Submammärfalte muss kausaler Ansatz des M. pectoralis major häufig von der Thoraxwand abpräpariert werden, sodass laterale und kaudale Implantatteile nicht mehr muskulär bedeckt sind – auf einen ausreichend dicken Weichteilmantel über dem Implantat achten, um Perforation des Implantats durch die Haut zu verhindern
-wenn während der Erstoperation nicht ausreichend große Implantattasche formbar (in den meisten Fällen), temporäre Implantation eines Expanders oder Expanderprothese, die beide schrittweise über ein unter der Haut zu implantierendes Portsystem befüllt werden
-nach Erreichen einer ausreichend großen Muskel-Weichteil-Loge wird der Expander in einer weiteren Operation durch ein definitives Implantat ersetzt, während die Expanderprothese in situ verbleibt
-azellulären Matrices (AZM) aus Schweine- oder Kälberhaut bzw. titanisierte Netze erlauben inzwischen auch eine Deckung des unteren Pols bzw. der gesamten Prothese durch Fremdgewebe und somit auch den Verzicht auf die Pectoralispräparation; Implantate werden heute zumeist präpektoral eingesetzt, um die Funktion des M. pectoralis zu erhalten
-häufig ist aus Symmetriegründen eine Anpassung der kontralateralen Brust durch eine Mastopexie notwendig, evtl. in Kombination mit einer Reduktionsplastik
-die Wiederherstellung der Brustwarze bzw. eine Tätowierung der Areola mamillae stellen bei „Skin-sparing“ Mastektomien mit Rekonstruktion üblicherweise den letzten Schritt der Rekonstruktion dar
• Komplikationen:
-trotz sachgerechter Implantation kommt es laut Literatur in 10–30 % zu Komplikationen
-Protheseninfektionen, bei älteren Implantatmodellen häufige konstriktive Kapselfibrosen, bei von nicht ausreichend mit Weichteilgewebe ummantelten Prothesen Perforation durch die Haut
-Risikofaktoren: insbesondere Nikotinabusus, bereits vorbestrahlte Brust, Adipositas und schlecht eingestellter Diabetes mellitus
-jeder Rekonstruktion (unabhängig davon, ob autolog oder mittels Silikonimplantat aufgebaut wird) muss eine ausführliche und umfassende präoperative Aufklärung über kosmetische Aspekte, Nebenwirkungen und mögliche Komplikationen vorausgehen
6.1.3.2. Latissimus-dorsi-Lappenplastik („LADO-Lappenplastik“)
• Indikationen für LADO-Lappenplastik:
-im Vordergrund stehen vor allem der Volumen- bzw. Substanzdefekt oder die Asymmetrie der Brust nach Segmentresektionen bzw. Quadrantenresektionen; in vielen Fällen Verwendung des gesamten Muskels wegen nicht sehr ausgedehnten Volumendefekten verzichtbar
-nach radikaler Mastektomie erweiterter myokutaner Latissimus-Lappen, mit dem sowohl das Haut- als auch Volumendefizit ausgeglichen werden
• Operationstechnik bei LADO-Lappenplastik:
-präoperative Planung und Anzeichnung der Schnittführung mit entsprechender Fotodokumentation und umfassender Aufklärung der Patientin am Vortag zur grundsätzlich nicht sehr aufwändigen bzw. komplizierten Operation
-vor allem Präparation und Schonung des thorakodorsalen Gefäß-Nerven-Bündels von großer Bedeutung
-bei der Verlagerung des Muskels darauf achten, dass der präparierte Gefäßstiel nicht knickt (Durchblutung des Muskels)
-Nervus thoracodorsalis vom Gefäßbündel ablösen und in der Länge von ca. 1 cm resezieren (um unerwünschte Kontraktionen der rekonstruierten Brust bei körperlicher Aktivität zu vermeiden)
• Komplikationen der LADO-Lappenplastik:
-sehr geringe Komplikationsrate abgesehen von einer immer wieder auftretenden, länger dauernden Serombildung im Bereich der Entnahmestelle des M. latissimus dorsi
-funktionelle Beeinträchtigungen selten, in nur 1 % der Fälle Lappenverluste
6.1.3.3. Gestielte oder freie myokutane Unterbauch-Lap
• Indikationen für TRAM-Lappen:
-radikale Mastektomie als häufigste Indikation für den TRAM-Lappen (Transverse Rectus Abdominis Myocutaneous flap)
-die Operation erfolgt im Rahmen einer sofortigen oder sekundären Rekonstruktion
-häufig (besonders bei Problemfällen) nach Rekonstruktionen mit Fremdgewebe, d. h. Implantaten, erfolglosen anderen rekonstruktiven Techniken oder aber bei Brustwandrezidiven
-da beim TRAM-Lappen die Durchblutungssituation des Lappenstiels von größter Bedeutung ist, müssen die individuellen Risikofaktoren der Frau (z. B. Diabetes, Rauchen, Adipositas, Voroperationen) beachtet werden
-jede Art der Unterbauch-Lappenplastik außerordentlich aufwändig und komplex gegenüber der Latissimus-dorsi-Lappenplastik
• Operationstechnik bei TRAM-Lappen:
-am Vortag durchzuführende Anzeichnung der Schnittführung, entsprechende Fotodokumentation und nochmalige Information der Patientin über mögliche Komplikationen oder unerwartete Abweichungen des ursprünglich ins Auge gefassten Operationsergebnisses von größter Bedeutung
-präoperative Überprüfung der Position der Perforatoren mittels Ultraschall-Dopplertechnik unverzichtbar
-Einsatz von zwei OP-Teams wünschenswert, um Verkürzung der bei dieser Lappentechnik unvermeidbaren langen Operationszeit zu erreichen (ein Team kümmert sich um den Verschluss des Bauchwanddefekts, das andere um die Einpassung des Lappens in der Brustregion)
-unabdingbar beim freien TRAM-Lappen sind entsprechende mikrochirurgische Kenntnisse des Operateurs und die Verwendung eines Operationsmikroskops
• Komplikationen bei TRAM-Lappen:
-funktionelle Beeinträchtigungen vor allem durch das Risiko von Bauchwandhernien (deshalb wird häufig ein nicht resorbierbares Netzimplantat eingenäht)
-Verlust des TRAM-Lappens aufgrund mangelnder oder sekundär nicht mehr gesicherter Durchblutung durch ein thrombosiertes Anschlussgefäß oder eine Knickung des Gefäßstiels als eher seltenes Ereignis (vor allem in den lateralen Anteilen des Lappens allerdings öfter Teilnekrosen mangels entsprechender Durchblutung)
6.1.3.4. Weitere Rekonstruktionsverfahren mit Eigengewebe
• DIEP-Lappenplastik (Deep Inferior Epigastric Perforator flap)
• freier fasziokutaner Infragluteallappen
• freie Oberer-Glutaeus-Lappenplastik
• freie myokutane Gracilis-Lappenplastik
6.1.4. Offene und geplante chirurgische Studien mit AGO-Partnern
• EUBREAST-01:
-„Omission of SLNB in Triple-negative and HER2-positive Breast Cancer Patients With rCR and pCR in the Breast After NAST“
-multizentrische Single-Arm-Studie, in der auf die Operation der Axilla komplett verzichtet wird, bei Patientinnen, die bildgebend eine radiologische komplette Remission (rCR) nach neoadjuvanter Chemotherapie aufweisen und primär cN0 waren
–primärer Endpunkt: Rate von Axillary Recurrence-free Survival (ARFS) nach BET (brusterhaltender Operation) innerhalb von 3 Jahren
• AXSANA, EUBREAST-03:
-prospektive, multizentrische Registerstudie zur Bewertung verschiedener leitlinienkonformer Operationsverfahren in der Axilla (Sentinel-Node-Biopsie, Targeted Axillary Dissection, Axilladissektion) nach neoadjuvanter Chemotherapie
-europaweite prospektive Registerstudie beim primären invasiven Mammakarzinom cN+ (gesichert mittels Stanzbiopsie oder Feinnadelaspiration), cT1–3 und geplanter neoadjuvanter Systemtherapie
–primäre Endpunkte: Erfassung des invasiv-krankheitsfreien 5-Jahres-Überlebens (iDFS, Invasive Disease-free Survival) für die verschiedenen OP-Techniken (ALND, TAD, SLNB, TLNB) im cN+“ycN0-Kollektiv; Erfassung der 3-Jahres-Rate von axillären Rezidiven für die verschiedenen OP-Techniken (ALND, TAD, SLNB, TLNB) im cN+“ycN0-Kollektiv; Erfassung der Lebensqualität und der Armmorbidität nach den verschiedenen OP-Techniken
www.eubreast.com
• SENOMAC-Studie:
-„Survival and axillary recurrence following sentinel node-positive breast cancer without completion axillary lymph node dissection – the SENOMAC trial“
-multizentrische, randomisierte Studie für Patientinnen mit 1–2 Makrometastasen im Sentinel-Node; die Kontrollgruppe mit axillärer Dissektion wird mit der Gruppe ohne weitere Intervention verglichen
–primärer Endpunkt: Gesamtüberleben nach 5 Jahren
• ABCSG 54/VISION I/SAKK 23-18:
-„Vacuum assisted biopsy Immediately before Surgery as an Intra- or peri-Operative surrogate for patient response to Neoadjuvant chemotherapy for breast cancer“
-Single-Arm-Studie, um die diagnostische Treffsicherheit einer pCR durch eine Vakuum-Saugbiopsie im Vergleich zur Operation nach neoadjuvanter CTx festzustellen
–primärer Endpunkt: Sensitivität der Vakuum-Saugbiopsie zur Feststellung der pCR nach neoadjuvanter CTx
• ABCSG 53/TAXIS/SAKK 23/16:
-multizentrische, randomisierte Phase-III-Studie zum Vergleich der maßgeschneiderten axillären Chirurgie (TAS, Tailored Axillary Surgery), mit oder ohne axilläre Lymphknotendissektion (ALND, Axillary Lymph Node Dissection), mit nachfolgender Strahlentherapie (RT), bei PatientInnen mit klinisch nodal positivem Mammakarzinom
Patientinnen werden in 2 Gruppen randomisiert: Gruppe A: TAS, gefolgt von ALND und regionärer Lymphknotenbestrahlung; Gruppe B: TAS, gefolgt von regionärer Lymphknotenbestrahlung
–primärer Endpunkt: DFS
6.2. Radiotherapie (RTX)
6.2.1. Radiotherapie des invasiven Mammakarzinoms
• Aufgabe der Radioonkologie:Postoperativ verbliebene subklinische Tumorzellen bzw. makroskopische Tumorreste vernichten, einem Lokalrezidiv vorbeugen und die weitere Ausbreitung verhindern.
• Adjuvante Therapien zeitnah durchführen.Bezüglich Chemotherapie (CT) und Radiotherapie ist ein sequenzielles Vorgehen empfohlen – im klinischen Alltag hat sich im Falle einer Indikation die Applikation der Chemotherapie vor einer nachfolgenden RTX bewährt.
6.2.1.1. Radiotherapie nach brusterhaltender Operation (BET)
• Allgemein:
–lokale Tumorkontrolle durch adjuvante RTX wesentlich verbessert (HR 0,2 in rezenten Studien – Verhinderung von 7–8 von 10 möglichen Lokalrezidiven (Darby et al., 2011; Hughes et al., 2013).
–erkrankungsspezifische Mortalität durch perkutane RTX nach 15 Jahren bei pN0 um 3,3 % und bei N+ um 8,5 % verringert – Effekt bei jüngeren Frauen deutlich höher (Darby et al., 2011; Sedlmayer et al., 2013)
–Standard nach BET ist eine postoperative moderat hypofraktionierte Brustbestrahlung (täglich applizierte Einzeldosen [ED] von 2,67 Gy, Mo–Fr, 3 Wochen, Gesamtdosis [GD] 40,05 Gy)
–alternativ konventionelle Fraktionierung (ED 1,8–2 Gy, Mo–Fr, 5–6 Wochen, GD 50–50,4 Gy) (Haviland et al., 2013 und 2016; Whelan et al., 2010; Shaitelmann et al., 2018)
–stark hypofraktionierte Konzepte vielversprechend, derzeit kein Standard. FAST und FAST Forward Trial: Nach 5 Jahren kein Unterschied bezüglich lokoregionärer Rezidivrate und gute akute Verträglichkeit. Allerdings in der britischen Phase-III-Studie FAST Forward Trial (FFT) schwere dauerhafte Fibrosen bis 3 % im Vergleich zum Standard-Arm (START-B-Konzept) mit 0,1 % beschrieben
-vor allem bei Frauen mit linksseitigem Mamma-Ca, guter Prognose und zu erwartender langer Lebenserwartung, kardialer Vorbelastung oder anatomischen Besonderheiten der thorakalen Organe sind maximale Lungen- und Herzschonung in der Bestrahlungsplanung zu beachten (Stranzl et al., 2008 und 2009; Zurl et al., 2010; Bartlett et al., 2015)
• Nach neoadjuvanter Chemotherapie (NACT):
-Operation ist Goldstandard, ein Abweichen sollte nur im Rahmen von Studien erfolgen
-postoperative Ganzbrustbestrahlung (WBRT) unabhängig vom Ansprechen auf die CT, selbst bei pathologisch kompletter Remission (Primärtumor, LK). RTX orientiert sich an der Tumorausbreitung vor Beginn der CT. Deeskalation der lokoregionären Bestrahlung wird derzeit im Rahmen prospektiver Studien untersucht (NSABP B51/RTOG 1304)
-bei cN1 oder pN+ (stanzbioptisch gesichert) ist ein adäquates axilläres Staging und jedenfalls eine adjuvante Bestrahlung anzuschließen
• Der Verzicht auf die RTX nach BET ist prinzipiell möglich – nach individueller alters- und risikoadaptierter Beratung bei Vorliegen folgender Konstellation: Lebenserwartung < 10 Jahren und pT1–2 (max. 3 cm) pN0, R0, HR+, HER2–und eingeleitete endokrine adjuvante Therapie.
-bei Verzicht: Inkaufnahme eines möglicherweise erhöhten Lokalrezidivrisikos (Vorteil einer adjuvanten RTX steigt mit der Länge der Nachbeobachtung), wobei die postoperative RTX keinen Einfluss auf das Überleben zeigt
–ABCSG8a: n = 869, postmenopausale Frauen bis max. 80 J., Low-Risk-Tumor (T1–2 [≤ 3 cm], N0, R0, G1–2, HR+, adjuvante Hormontherapie [HT] eingeleitet); Follow-up (FU): 9,9 Jahre.
Keine altersadaptierte Subgruppenanalyse (Fastner et al., 2020)

–PRIME II: n = 1.326, ≥ 65 J., Low-Risk-Tumor (T1–2 [≤ 3 cm], N0, R0, G1–2, HR+, adjuvante HT eingeleitet. Keine altersadaptierte Subgruppenanalyse. In dieser Studie sind 93 % der Patientinnen nicht am Mammakarzinom verstorben. Kein Unterschied im Overall- und metastasenfreien Überleben

Nach: Kunkler et al., 2015 und 2020
• Boost (lokale Dosisaufsättigung im ehemaligen Tumorareal)verbessert die lokale Kontrolle (ohne Überlebensvorteil) und ist prämenopausal immer indiziert.
–Verzicht auf Boost bei postmenopausaler Patientin ist möglich, außer bei Vorliegen mindestens eines der folgenden Risikofaktoren: > T1, G3, HER2+, TNBC, EIC, knapper Resektionsrand (Bartelink et al., 2015)
-Durchführung: konventionell mit 2 Gy/10–16 Gy bei hypofraktioniertem und normofraktioniertem Konzept oder als SIB (simultan integrierter Boost) bei normofraktionierter Bestrahlung der Brust
• Teilbrustbestrahlung:Kann bei Low-Risk-Tumor (postmenopausal, pT1, pN0, R0, G1–2, HR+, adjuvante HT wird eingeleitet, NST [No Special Type], keine EIC) im Rahmen der Primäroperation angeboten werden (Veronesi et al., 2013);technische Alternative: postoperativ als interstitielle Brachytherapie oder perkutan (IMRT/3-D-konformal). Die meisten Studien zeigen eine Nichtunterlegenheit der Teilbrustbestrahlung bzgl. der lokalen Kontrolle und eine eventuell minimal erhöhte Rückfallrate im nicht bestrahlten Brustabschnitt, allerdings ohne negative Auswirkung auf das Überleben. Diese Techniken sollen in hochspezialisierten Einrichtungen Anwendung finden (AWMF – S3-Leitlinien 2020; Fastner et al., 2013; Strnad et al., 2016; Meattini et al., 2017 und 2019; Whelan et al., 2019; Vicini et al., 2019).
6.2.1.2. Radiotherapie nach modifizierter radikaler Mastektomie (MRM)
• Eine Indikationzur postoperativen Bestrahlung der Thoraxwand besteht jedenfalls bei pT3, pT4, N+(ab 4 pos. LK), R1/R2, R0 (knapp und Unmöglichkeit einer Nachresektion der invasiven Komponente).
• Bei 1–3 pos. LK und hohem Lokalrezidivrisiko(junges Alter, G3, TNBC, L1, HER2+) sollte ebenfalls die PMRT (postoperative Bestrahlung nach modifizierter Mastektomie) angeboten werden. Umgekehrt kann auf die PMRT auch im Falle von 1–3 pos. LK bei Vorliegen folgender Risikokonstellation verzichtet werden: ER+, G1, HER2–, pT1 (3 von 4 Kriterien sind zwingend zu erfüllen) (Kyndi et al., 2009).
• Eine individuelle Risikoabschätzung ist abzuwägen und mit der Patientin zu diskutieren. Bei hohem Rezidivrisiko ist der Nutzen einer postoperativen Bestrahlung der Thoraxwand gesichert und wird international einheitlich empfohlen. Bei entsprechender Risikokonstellation kann sich auch ein Überlebensvorteil durch die RTX ergeben.
• Bei kleinem Tumor und pN0, R0 ist eine postoperative Bestrahlung der Thoraxwand aufgrund ausstehender Daten nicht abgesichert.
• Im Falle eines lokal fortgeschrittenen Karzinoms und N+-Situationreduziert die postoperative RTX der Brustwand nach MRM das lokoregionäre Rezidivrisiko und verbessert zusätzlich das Gesamtüberleben (McGale et al., 2014).
• Ein Boost ist bei R1/R2-Resektion und fehlender Nachresektion empfohlen. Mit Entfernung der Pectoralisfaszie und ohne Nachweis der Infiltration der Faszie gilt die Resektion als R0 („no ink on tumor“) und ein Boost ist nicht indiziert.
• Nach NACT richtet sich die Indikation zur PMRT +/– Lymphabflusswege nach der präoperativen T- und N-Situation, unabhängig vom Ausmaß des Tumoransprechens. Bei pCR ist die Beurteilung des Risikoprofils präoperativ entscheidend. Für einen generellen Verzicht auf die RTX fehlen die Daten randomisierter klinischer Studien(Krug et al., 2018).
6.2.1.3. Radiotherapie der lokoregionären Lymphknoten-Regionen
• Genereller Konsens zum unbestrittenen Nutzen einer Lymphabflussbestrahlung bei hohem Risiko für eine Fernmetastasierung, trotz sehr heterogener Subgruppen in entsprechenden Studien (Poortmans et al., 2015; Thorsen et al., 2016; Whelan et al., 2015; Budach et al., 2015).
Allgemein: Axilla: RTX des axillären Levels III, II, I (Offerson et al., 2016).
Bei Indikation zur Brust- bzw. Thoraxwand-Bestrahlung und Anwendung der Zangentechnik ohne dezidierte Bestrahlung der Level II und III werden je nach Anatomie einer Patientin im kaudal-lateralen Teil von Level II und kranialen Teil Level I üblicherweise Dosierungen von
20–40 Gy erreicht. Im Falle einer IMRT-Technik für Brust bzw. Thoraxwand werden die Level
der Axilla nicht miterfasst.
• Durchführung der RTX der lokoregionären Lymphknoten-Regionen:konventionell
(2 Gy/50 Gy).
Für eine Empfehlung eines hypofraktionierten Konzepts im Bereich der Lymphabflusswege gibt es noch zu wenig Daten (nur < 10 % der Patientinnen mit hypofraktionierter Bestrahlung der Brust bzw. der Thoraxwand erhielten eine Lymphabflussbestrahlung) (Owen et al., 2006; Haviland et al., 2013).
Eine randomisierte Phase-III-Studie (Hochrisikopatientinnen [T3/T4 und/oder ≥ 4 pos. LK], PMRT und RTX der LK [ohne Parasternalregion]) beschreibt ein 5-Jahres-Lokalrezidivrisiko von 8,1 % mit konventioneller Fraktionierung vs. 8,3 % mit Hypofraktionierung (2,9 Gy/43,5 Gy).
Wang et al. (2019)schlussfolgern anhand der vorliegenden Ergebnisse: Bei fehlender Indikation zur RTX der parasternalen Region und ohne geplante Rekonstruktion der Brust kann eine Hypofraktionierung der Thoraxwand und der regionalen Lymphabflusswege empfohlen werden.
Hypofraktionierungskonzepte wie in der FAST- und UK-FAST-Forward-Studie mit nur 5 Fraktionen werden aufgrund ungenügender Datenlage nicht empfohlen.
Indikation zur Radiotherapie der regionalen Lymphknoten:
• Axilladissektion (AD) (pN1mic, pN0 i+) oder Sentinel-Lymphknoten (SN) (pN0, sn):keine Indikation (Galimberti et al., 2014; Kuehn et al., 2005; AWMF – S3-Leitlinien 2020)
• SN pos. (> 2 mm) ohne AD:
–BET und ACOSOG-Z0011-Kriterien erfüllt: keine Indikation.
ACOSOG Z0011 (T1–2, 1–2 pos. SN, keine palpablen Lymphknoten, keine neoadjuvante Chemotherapie, kein extrakapsuläres Tumorwachstum, BET, R0-Resektion): WBRT unter Anwendung hoher Tangenten mit Inklusion der axillären Lymphknoten der Level 1 und 2 bis knapp unter
V. axillaris. Konsequenz: Falls eine RTX der Level I und II indiziert ist, müssen Level I und II in die Planung dezidiert einbezogen werden (= hohe Tangente)
–BET und ACOSOG-Z0011-Kriterien nicht erfüllt = hohes Risiko für Befall der Region (≥ 3 pos. SN): daher RTX der Axilla, falls keine AD durchgeführt (analog AMAROS: AD vs. RTX der Axilla bei pos. SN – die RTX ist der AD nicht unterlegen, bei axillärer RTX nach 5 J. geringere Rate an Lymphödem [11 % versus 23 % bei AD])
• AD, N+(1–3 pos. axilläre LK):Ab 1 pos. Lymphknoten-(Makro-)Metastase und Vorliegen von Risikofaktoren (> T1, G3, TNBC, HER2–, HR–, L1, prämenopausal) kann die RTX der supraklavikulären Lymphknotenregion erfolgen. Molekulare Genexpressionsprofile, die für eine Hochrisikosituation sprechen, könnten in Zukunft bei der Entscheidungsfindung helfen. Jedoch soll vorerst eine Entscheidung gegen eine RTX nicht alleine vom Ergebnis der Genexpressionsprofile abhängen. Risikofaktoren werden in der Literatur unterschiedlich diskutiert (z. B. medialer Tumorsitz) (Viani et al., 2014; Budach et al., 2015; Whelan et al., 2015).
• AD, N+(≥ 4 pos. axilläre LK): RTX der supraklavikulären LK klar indiziert.
Im Falle einer nodalen RTX besteht auch die Indikation für eine postoperative RTX der Thoraxwand. Nach BET erfolgt jedenfalls die postoperative RTX der Mamma.
• Axilläre Intervention nach NACT und radioonkologische Konsequenz:Die NACT erreicht in vielen Fällen ein Downstaging (in der Axilla häufiger als in der Brust zu erwarten). V. a. TNBC und HER2+-Karzinome reagieren axillär in bis zu 75 % mit pCR (Dominici et al., 2010).
Vor allem die Frage des Verzichts auf eine AD bei pN1 (stanzbioptisch gesichert) “ycN0 wird aktuell kontrovers diskutiert. Alleinige SN-Biopsien (SNB) nach NACT zeigen hohe Falsch-negativ-Raten von 10–30 % (Kuehn et al., 2013; Tee et al., 2018). Eine deutliche Verbesserung ist erreichbar, wenn ≥ 3 SN entfernt werden und die Markierungstechnik durch eine Kombination aus Radionuklid und Patentblau abgesichert wird. Mehr Sicherheit in der Deeskalation der Axillachirurgie bietet die TAD (Targeted Axillary Dissection) mit der Entfernung des prätherapeutisch auffälligen clipmarkierten Lymphknotens und des Sentinel-LK. Die Falsch-negativ-Rate sinkt von 10 % auf nur noch 2 % (Caudle et al., 2016). Inwiefern die axilläre Deeskalation die Radiotherapieempfehlungen im Detail verändert, ist vorerst durch Studien nicht gesichert. Eine Indikation zur axillären Bestrahlung nach operativer Deeskalation muss individuell kritisch hinterfragt werden.
Folgende Szenarien sind in den aktuell gültigen AGO- und S3-Leitlinien abgebildet:
-vor der NACT: pN1 (stanzbioptisch gesichert) ” ycN1 ” AD ” lokoreg. RTX
-vor der NACT: pN1 (stanzbioptisch gesichert) ” ycN0 ” TAD oder AD ” lokoreg. RTX, bei kleinem Tumor, G1, HR+ kann eine alleinige WBRT ohne nodales Feld erfolgen
-vor der NACT: cN0 ” SNB nach NACT: ypNmic oder ypN1: AD; falls AD nicht möglich, kann die axilläre RTX angeboten werden
-vor der NACT: cN0 und SNB pos. ” ypN0 ” bei Nichterfüllen der ACOSOG-Z0011-Kriterien weitere Abklärung der Axilla mittels AD; falls AD nicht möglich, kann die axilläre RTX angeboten werden
-vor der NACT: cN0 und SNB neg. ” ypN0 ” keine weitere axilläre Intervention
Falls AD indiziert (klinisch oder durch Bildgebung [Sonografie/MR] auffällige Axilla, ACOSOG-Z0011-Kriterien nicht erfüllt, ≥ 3 positive SN [≥ 2 mm], ycN1, ypN1, Makrometastasen mit Kapseldurchbruch, 1–2 Makrometastasen mit High-Risk-Konstellation), aber nicht möglich ist, kann die axilläre RTX (analog AMAROS) angeboten werden (Donker et al., 2014).
• N+, ausgeprägter Resttumor axillär:RTX der Axilla.
Bei ausgeprägten Tumorresiduen nach AD kann eine adjuvante RTX der Axilla zur besseren lokalen Kontrolle sinnvoll sein. Bei extrakapsulärer Ausbreitung der LK-Metastasierung ist keine axilläre RTX indiziert, da isolierte axilläre Rezidive ausgesprochen selten (< 1 %) sind (Stranzl et al., 2004 und 2006).
• Befall der LK der parasternalen Region(Ausnahme bei hohem kardialem Risiko oder simultaner Gabe von Trastuzumab): Bei zentralem/medialem Tumorsitz und G3, HR–und 1–3 pos. axillären LK kann eine RTX unter
Inklusion der parasternalen Region sinnvoll sein. Ab 4 pos. LK und zusätzlich G3, HR– sollte die RTX der Parasternalregion ebenso diskutiert werden. Eine dezidierte Empfehlung in den Leitlinien kann aufgrund der geringen Fallzahlen in den Publikationen nicht gegeben werden (Budach et al., 2015).
6.2.1.4. Besonderheiten
• Inflammatorisches Karzinom:
Trimodales Therapiekonzept mit Systemtherapie, Operation und postoperativer lokoregionärer RTX, die obligat zur Anwendung kommen soll. Auch hier ist ein exaktes prätherapeutisches Staging zur Beurteilung des Risikoprofils und Entscheidung nachfolgender adjuvanter Therapiemaßnahmen zwingend. Therapie: MRM, AD, kein SN, RTX der Lymphabflusswege und jedenfalls Boost. BET: wird bei pCR derzeit diskutiert – individuelle Entscheidung und nicht endgültig entschieden.
• Patientinnen mit synchroner Oligometastasierung:
Thematik wird derzeit bei anderen Tumorentitäten ausführlich untersucht. Abgeleitet davon kann es nach lokaler Therapie für Subgruppen einen Überlebensvorteil geben. Retrospektive Daten beim Mammakarzinom sind allerdings uneinheitlich und daher besteht diesbezüglich keine Standardempfehlung.
Die vorliegenden randomisierten Daten zeigen ein insgesamt kleines Kollektiv und durch eine Lokaltherapie keinen signifikanten Überlebensvorteil durch eine lokoregionäre Therapie. Eine Bestrahlung der Metastase zur Symptomlinderung kann unter palliativem Gesichtspunkt bei Bedarf angeboten werden. Allerdings zeigten Subgruppenanalysen in diesem Kollektiv einen signifikanten Überlebensvorteil bei jungen Frauen (< 50 J.) mit positivem HR-Status und ossärer Filisierung (Badwe et al., 2015).
• Männliches Karzinom:Staging und Therapieempfehlungen analog zum weiblichen Mammakarzinom.
Die Diagnosestellung erfolgt oft in einem lokal fortgeschrittenen Stadium und aufgrund der geringen Größe der männlichen Brustdrüse (somit ungünstige Relation: Tumorgröße zu Brustdrüse) wird eine MRM + SN/AD empfohlen. Die PMRT sollte jedenfalls bei N+, ab T ≥ 2 cm und HR–erfolgen. Eine zusätzliche nodale RTX wird analog zu Empfehlungen bei der Frau angeboten (Stranzl et al., 1999).
• Phyllodes-Tumor:Postoperative RTX bei Borderline und malignen Varianten, vor allem bei großem Tumor (ab 5 cm), jüngeren Patientinnen, R1-Resektionen, Lokalrezidiven. Weiten Resektionsrand anstreben (idealerweise ≥ 10 mm) (Chao et al., 2019; Choi et al., 2019).
• Angiosarkom, RTX-assoziiert:Sehr ungünstige Prognose, RTX nach MRM bei großem Tumor, R1 (Depla et al., 2014).
• Primäres Sarkom:MRM +/– AD, adjuvante RTX bei Tumor ab 5 cm, R1 oder knappen Resektionsrändern, da hohe Lokalrezidivrate (Ghareeb et al., 2016).
• Brustimplantat-assoziiertes großzelliges anaplastisches Lymphom (BI-ALCL):Selten, jedoch Häufung bei texturierten Implantaten. Tumorektomie und Implantatentfernung, postoperative lokale RTX, falls R1 oder N+(Horwitz et al., 2018; NCCN Guidelines 2020).
• Primäres Lymphom:Nach histopathologischer Diagnosestellung (Biopsie/OP) erfolgt die adjuvante RTX der Brust.
• Metaplastisches Karzinom:Da oft großer Tumor, postoperative RTX diskutieren. Chemotherapie zumeist ineffektiv (Ong et al., 2018; Tseng et al., 2011).
• Mb. Paget:Bei isoliertem Mb. Paget nach R0-Resektion des Areolenkomplexes keine adjuvante RTX. Bei Mb. Paget kombiniert mit DCIS oder invasivem Karzinom: operatives Vorgehen entsprechend Standards der Grunderkrankung. Jedenfalls R0-Resektion anstreben. Adjuvante RTX je nach Befund (Caliskan et al., 2008; Durkan et al., 2013).
• Mammakarzinom und Schwangerschaft:Adjuvante RTX nach Entbindung, generelle Empfehlung: Standardbehandlung wie bei nicht-schwangeren Frauen. Während RTX nicht stillen.
• Axilläre Metastasen bei CUP (okkultes Mammakarzinom):Bei negativem Staging (MRT/Mamma) und erfolgter AD: lokoregionäre RTX der Brust +/– Lymphabflusswege. Falls MRM durchgeführt wurde, erfolgt anschließend keine PMRT. Außer es besteht ein ausgedehnter pathologischer Befund im Rahmen der AD und es liegen ungünstige Prognosefaktoren vor; dann kann die adjuvante Radiotherapie lokoregionär angeboten werden.
6.2.1.5. Fragen zur konkomitanten Anwendung während Radiotherapie
• TAM:Möglich.
• Aromatasehemmer:Möglich.
• Trastuzumab:Möglich, außer bei Indikation zu parasternalem Feld, dann während RTX pausieren.
• T-DM1:Möglich (bei konkomitanter Anwendung G1/G2 pulmonale Toxizität 3,4 % vs. 0 % ohne RTX und kardiale Toxizität 3,4 % vs. 1,7 % ohne RTX). Cave: linksseitiges Mammakarzinom und Indikation zu parasternalem Feld (Piroth et al., 2021).
• Checkpoint-Inhibitoren:PD-1-, PD-L1-Inhibitoren, CTLA-4-Inhibitoren (Ipilimumab/Pneumonitis-Risiko). Keine eindeutige Evidenz, vorerst keine konkomitante Gabe empfohlen. Erfahrungen bei anderen Tumorentitäten könnten für die Zukunft auf gute Verträglichkeit hinweisen, dann sorgfältige Nutzen-Risiko-Abschätzung.
• Tyrosinkinase-Inhibitoren:Keine eindeutige Evidenz und keine Abbildung in Leitlinien, keine konkomitante Anwendung empfohlen.
• CDK-4/6-Inhibitoren:Keine Evidenz für konkomitante Anwendung.
• Capecitabin:Sequenzielle Anwendung nach Bestrahlung empfohlen. Publikationen gehen auf die RTX-assoziierten Toxizitäten nicht ein (Masuda et al., 2017; Woodward et al., 2017; Van Mackelenberg et al., 2019; Piroth et al., 2021).Bei konkomitanter Anwendung muss mit deutlich höherer akuter Toxizität gerechnet werden.
6.2.2. Radiotherapie bei nicht-invasivem Mammakarzinom – intraduktales Mammakarzinom (DCIS)
• DCIS:Ca. 20 % aller malignen Tumoren der Brust; gilt als eine Präkanzerose, wobei sich nicht zwangsläufig ein invasives Karzinom entwickelt.
• Operative Therapie (Resektionsrand mind. 2 mm): BET oder MRM (großer Tumor, unklare operative Ränder, mehrere Quadranten betroffen, Rezidivsituation).
Derzeit Studien zum Verzicht auf OP bei Low-Risk-DCIS (England, Kanada: LORIS, LORD, COMET) mittels Biomarker (vorerst noch keine Ergebnisse).
• Lokale Radiotherapie +/– endokrine Therapieals postoperative Therapie der Wahl: WBRT (Gesamtbrustbestrahlung) nach BET obligat. Nach MRM nur in Ausnahmefällen RTX (R1 ohne Möglichkeit einer Nachresektion). Die Bestrahlung (aller Risikogruppen des DCIS) senkt das lokale Rezidivrisiko (invasiv und nicht-invasiv) um > 50 %. Auch in der Low-Risk-Tumor-Gruppe wurde laut RTOG 9804 nach 12 Jahren Beobachtung die Rezidivrate von 11,4 % (Verzicht auf RTX) auf 2,8 % (adjuvante RTX) gesenkt. Bisher zeigte keine Studie einen Einfluss der RTX auf das Gesamtüberleben (Narod et al., 2015;n = 108.196, SEER Database, retrospektive Analyse). Die brustkrebsspezifische Mortalitätsrate war mit 3,3 % gering.
• Verzicht auf RTX beim Low-Risk-DCIS möglich(Low-Risk: G1/G2, ER+/PR+, Erstdiagnose
i. R. Screening, Tumor ≤ 2,5 cm, R0 [mind. 2 mm]; Patientinnen älter als 45 J.). Individuelle Nutzen-Risiko-Bewertung mit Patientinnen zwingend erforderlich (Lazzeroni et al., 2017).
• Boost nach DCIS:Nur bei Vorliegen eines hohen Lokalrezidivrisikos (R1 ohne Möglichkeit einer Nachresektion). ASTRO: Boost bei Frauen < 50 J. und R1/R2/R0 (knapp: < 2 mm). Metaanalyse (Nilsson et al., 2015; n = 6.943):Reduktion des Lokalrezidivrisikos durch postoperativen Boost bei positivem Resektionsrand.
• Hypofraktionierung und DCIS:Bisher keine prospektiven Daten, daher Empfehlungen derzeit nur von Studienergebnissen der Hypofraktionierung des invasiven Karzinoms ableitbar. Keine Abbildung in Leitlinien, damit derzeit kein Standard und konventionelles Bestrahlungskonzept empfohlen. Es ist jedoch zu erwarten, dass Hypofraktionierung auch bei DCIS Anwendung findet.
• DCIS als lokales Rezidiv:Nach BET und vorangegangener RTX: MRM zu bevorzugen, evtl. Brusterhaltung. Nach BET ohne vorangegangene RTX: WBRT.
• RTX:50–54 Gy, Boost bei R1/R0 (knapp).
• DCIS mit Mikroinvasion:Therapie analog zu invasivem Mammakarzinom.
6.2.3. Radiotherapie von Patientinnen in palliativer Intention
Eine Metastasierung ist vorwiegend in Skelett, Lunge, Leber und Gehirn zu beobachten. Die Bestrahlung erfolgt in diesem Fall symptomorientiert und zum Zwecke der Schmerzlinderung und/oder Stabilisierung. Bei solitärer Metastasierung sind oftmals nebenwirkungsarme Hochpräzisionskonzepte möglich (Stereotaxie). Ziel ist die Reduktion der Tumormasse mit Verbesserung der Lebensqualität.
6.3. Systemische Therapie
6.3.1. Chemotherapie
• Stellt sowohl im neoadjuvanten, adjuvanten als auch palliativen Settingeinen wesentlicher Therapiepfeiler dar.
• Die effektivsten Zytostatika sind Anthrazykline, Taxane und Cyclophosphamid.
• Die am häufigsten verwendeten Chemotherapieschemata beim Mammakarzinom siehe Tab. 7.
-in der neoadjuvanten Situation sind es vor allem Anthrazyklinkombinationen gefolgt von einem Taxan +/– Carboplatin
-in der Palliativtherapie sind es vor allem liposomale Anthrazykline, Vinorelbin, Gemcitabin, Eribulin und Capecitabin
6.3.2. Zielgerichtete Therapie
6.3.2.1. Integration zielgerichteter Therapieoptionen beim Mammakarzinom siehe Tab. 7.
