Nach: Kunkler et al., 2015 und 2020
• Boost (lokale Dosisaufsättigung im ehemaligen Tumorareal)verbessert die lokale Kontrolle (ohne Überlebensvorteil) und ist prämenopausal immer indiziert.
–Verzicht auf Boost bei postmenopausaler Patientin ist möglich, außer bei Vorliegen mindestens eines der folgenden Risikofaktoren: > T1, G3, HER2+, TNBC, EIC, knapper Resektionsrand (Bartelink et al., 2015)
-Durchführung: konventionell mit 2 Gy/10–16 Gy bei hypofraktioniertem und normofraktioniertem Konzept oder als SIB (simultan integrierter Boost) bei normofraktionierter Bestrahlung der Brust
• Teilbrustbestrahlung:Kann bei Low-Risk-Tumor (postmenopausal, pT1, pN0, R0, G1–2, HR+, adjuvante HT wird eingeleitet, NST [No Special Type], keine EIC) im Rahmen der Primäroperation angeboten werden (Veronesi et al., 2013);technische Alternative: postoperativ als interstitielle Brachytherapie oder perkutan (IMRT/3-D-konformal). Die meisten Studien zeigen eine Nichtunterlegenheit der Teilbrustbestrahlung bzgl. der lokalen Kontrolle und eine eventuell minimal erhöhte Rückfallrate im nicht bestrahlten Brustabschnitt, allerdings ohne negative Auswirkung auf das Überleben. Diese Techniken sollen in hochspezialisierten Einrichtungen Anwendung finden (AWMF – S3-Leitlinien 2020; Fastner et al., 2013; Strnad et al., 2016; Meattini et al., 2017 und 2019; Whelan et al., 2019; Vicini et al., 2019).
6.2.1.2. Radiotherapie nach modifizierter radikaler Mastektomie (MRM)
• Eine Indikationzur postoperativen Bestrahlung der Thoraxwand besteht jedenfalls bei pT3, pT4, N+(ab 4 pos. LK), R1/R2, R0 (knapp und Unmöglichkeit einer Nachresektion der invasiven Komponente).
• Bei 1–3 pos. LK und hohem Lokalrezidivrisiko(junges Alter, G3, TNBC, L1, HER2+) sollte ebenfalls die PMRT (postoperative Bestrahlung nach modifizierter Mastektomie) angeboten werden. Umgekehrt kann auf die PMRT auch im Falle von 1–3 pos. LK bei Vorliegen folgender Risikokonstellation verzichtet werden: ER+, G1, HER2–, pT1 (3 von 4 Kriterien sind zwingend zu erfüllen) (Kyndi et al., 2009).
• Eine individuelle Risikoabschätzung ist abzuwägen und mit der Patientin zu diskutieren. Bei hohem Rezidivrisiko ist der Nutzen einer postoperativen Bestrahlung der Thoraxwand gesichert und wird international einheitlich empfohlen. Bei entsprechender Risikokonstellation kann sich auch ein Überlebensvorteil durch die RTX ergeben.
• Bei kleinem Tumor und pN0, R0 ist eine postoperative Bestrahlung der Thoraxwand aufgrund ausstehender Daten nicht abgesichert.
• Im Falle eines lokal fortgeschrittenen Karzinoms und N+-Situationreduziert die postoperative RTX der Brustwand nach MRM das lokoregionäre Rezidivrisiko und verbessert zusätzlich das Gesamtüberleben (McGale et al., 2014).
• Ein Boost ist bei R1/R2-Resektion und fehlender Nachresektion empfohlen. Mit Entfernung der Pectoralisfaszie und ohne Nachweis der Infiltration der Faszie gilt die Resektion als R0 („no ink on tumor“) und ein Boost ist nicht indiziert.
• Nach NACT richtet sich die Indikation zur PMRT +/– Lymphabflusswege nach der präoperativen T- und N-Situation, unabhängig vom Ausmaß des Tumoransprechens. Bei pCR ist die Beurteilung des Risikoprofils präoperativ entscheidend. Für einen generellen Verzicht auf die RTX fehlen die Daten randomisierter klinischer Studien(Krug et al., 2018).
6.2.1.3. Radiotherapie der lokoregionären Lymphknoten-Regionen
• Genereller Konsens zum unbestrittenen Nutzen einer Lymphabflussbestrahlung bei hohem Risiko für eine Fernmetastasierung, trotz sehr heterogener Subgruppen in entsprechenden Studien (Poortmans et al., 2015; Thorsen et al., 2016; Whelan et al., 2015; Budach et al., 2015).
Allgemein: Axilla: RTX des axillären Levels III, II, I (Offerson et al., 2016).
Bei Indikation zur Brust- bzw. Thoraxwand-Bestrahlung und Anwendung der Zangentechnik ohne dezidierte Bestrahlung der Level II und III werden je nach Anatomie einer Patientin im kaudal-lateralen Teil von Level II und kranialen Teil Level I üblicherweise Dosierungen von
20–40 Gy erreicht. Im Falle einer IMRT-Technik für Brust bzw. Thoraxwand werden die Level
der Axilla nicht miterfasst.
• Durchführung der RTX der lokoregionären Lymphknoten-Regionen:konventionell
(2 Gy/50 Gy).
Für eine Empfehlung eines hypofraktionierten Konzepts im Bereich der Lymphabflusswege gibt es noch zu wenig Daten (nur < 10 % der Patientinnen mit hypofraktionierter Bestrahlung der Brust bzw. der Thoraxwand erhielten eine Lymphabflussbestrahlung) (Owen et al., 2006; Haviland et al., 2013).
Eine randomisierte Phase-III-Studie (Hochrisikopatientinnen [T3/T4 und/oder ≥ 4 pos. LK], PMRT und RTX der LK [ohne Parasternalregion]) beschreibt ein 5-Jahres-Lokalrezidivrisiko von 8,1 % mit konventioneller Fraktionierung vs. 8,3 % mit Hypofraktionierung (2,9 Gy/43,5 Gy).
Wang et al. (2019)schlussfolgern anhand der vorliegenden Ergebnisse: Bei fehlender Indikation zur RTX der parasternalen Region und ohne geplante Rekonstruktion der Brust kann eine Hypofraktionierung der Thoraxwand und der regionalen Lymphabflusswege empfohlen werden.
Hypofraktionierungskonzepte wie in der FAST- und UK-FAST-Forward-Studie mit nur 5 Fraktionen werden aufgrund ungenügender Datenlage nicht empfohlen.
Indikation zur Radiotherapie der regionalen Lymphknoten:
• Axilladissektion (AD) (pN1mic, pN0 i+) oder Sentinel-Lymphknoten (SN) (pN0, sn):keine Indikation (Galimberti et al., 2014; Kuehn et al., 2005; AWMF – S3-Leitlinien 2020)
• SN pos. (> 2 mm) ohne AD:
–BET und ACOSOG-Z0011-Kriterien erfüllt: keine Indikation.
ACOSOG Z0011 (T1–2, 1–2 pos. SN, keine palpablen Lymphknoten, keine neoadjuvante Chemotherapie, kein extrakapsuläres Tumorwachstum, BET, R0-Resektion): WBRT unter Anwendung hoher Tangenten mit Inklusion der axillären Lymphknoten der Level 1 und 2 bis knapp unter
V. axillaris. Konsequenz: Falls eine RTX der Level I und II indiziert ist, müssen Level I und II in die Planung dezidiert einbezogen werden (= hohe Tangente)
–BET und ACOSOG-Z0011-Kriterien nicht erfüllt = hohes Risiko für Befall der Region (≥ 3 pos. SN): daher RTX der Axilla, falls keine AD durchgeführt (analog AMAROS: AD vs. RTX der Axilla bei pos. SN – die RTX ist der AD nicht unterlegen, bei axillärer RTX nach 5 J. geringere Rate an Lymphödem [11 % versus 23 % bei AD])
• AD, N+(1–3 pos. axilläre LK):Ab 1 pos. Lymphknoten-(Makro-)Metastase und Vorliegen von Risikofaktoren (> T1, G3, TNBC, HER2–, HR–, L1, prämenopausal) kann die RTX der supraklavikulären Lymphknotenregion erfolgen. Molekulare Genexpressionsprofile, die für eine Hochrisikosituation sprechen, könnten in Zukunft bei der Entscheidungsfindung helfen. Jedoch soll vorerst eine Entscheidung gegen eine RTX nicht alleine vom Ergebnis der Genexpressionsprofile abhängen. Risikofaktoren werden in der Literatur unterschiedlich diskutiert (z. B. medialer Tumorsitz) (Viani et al., 2014; Budach et al., 2015; Whelan et al., 2015).
• AD, N+(≥ 4 pos. axilläre LK): RTX der supraklavikulären LK klar indiziert.
Im Falle einer nodalen RTX besteht auch die Indikation für eine postoperative RTX der Thoraxwand. Nach BET erfolgt jedenfalls die postoperative RTX der Mamma.
• Axilläre Intervention nach NACT und radioonkologische Konsequenz:Die NACT erreicht in vielen Fällen ein Downstaging (in der Axilla häufiger als in der Brust zu erwarten). V. a. TNBC und HER2+-Karzinome reagieren axillär in bis zu 75 % mit pCR (Dominici et al., 2010).
Vor allem die Frage des Verzichts auf eine AD bei pN1 (stanzbioptisch gesichert) „ycN0 wird aktuell kontrovers diskutiert. Alleinige SN-Biopsien (SNB) nach NACT zeigen hohe Falsch-negativ-Raten von 10–30 % (Kuehn et al., 2013; Tee et al., 2018). Eine deutliche Verbesserung ist erreichbar, wenn ≥ 3 SN entfernt werden und die Markierungstechnik durch eine Kombination aus Radionuklid und Patentblau abgesichert wird. Mehr Sicherheit in der Deeskalation der Axillachirurgie bietet die TAD (Targeted Axillary Dissection) mit der Entfernung des prätherapeutisch auffälligen clipmarkierten Lymphknotens und des Sentinel-LK. Die Falsch-negativ-Rate sinkt von 10 % auf nur noch 2 % (Caudle et al., 2016). Inwiefern die axilläre Deeskalation die Radiotherapieempfehlungen im Detail verändert, ist vorerst durch Studien nicht gesichert. Eine Indikation zur axillären Bestrahlung nach operativer Deeskalation muss individuell kritisch hinterfragt werden.
Folgende Szenarien sind in den aktuell gültigen AGO- und S3-Leitlinien abgebildet:
-vor der NACT: pN1 (stanzbioptisch gesichert) “ ycN1 “ AD “ lokoreg. RTX
-vor der NACT: pN1 (stanzbioptisch gesichert) “ ycN0 “ TAD oder AD “ lokoreg. RTX, bei kleinem Tumor, G1, HR+ kann eine alleinige WBRT ohne nodales Feld erfolgen
-vor der NACT: cN0 “ SNB nach NACT: ypNmic oder ypN1: AD; falls AD nicht möglich, kann die axilläre RTX angeboten werden
-vor der NACT: cN0 und SNB pos. “ ypN0 “ bei Nichterfüllen der ACOSOG-Z0011-Kriterien weitere Abklärung der Axilla mittels AD; falls AD nicht möglich, kann die axilläre RTX angeboten werden
-vor der NACT: cN0 und SNB neg. “ ypN0 “ keine weitere axilläre Intervention
Falls AD indiziert (klinisch oder durch Bildgebung [Sonografie/MR] auffällige Axilla, ACOSOG-Z0011-Kriterien nicht erfüllt, ≥ 3 positive SN [≥ 2 mm], ycN1, ypN1, Makrometastasen mit Kapseldurchbruch, 1–2 Makrometastasen mit High-Risk-Konstellation), aber nicht möglich ist, kann die axilläre RTX (analog AMAROS) angeboten werden (Donker et al., 2014).
• N+, ausgeprägter Resttumor axillär:RTX der Axilla.
Bei ausgeprägten Tumorresiduen nach AD kann eine adjuvante RTX der Axilla zur besseren lokalen Kontrolle sinnvoll sein. Bei extrakapsulärer Ausbreitung der LK-Metastasierung ist keine axilläre RTX indiziert, da isolierte axilläre Rezidive ausgesprochen selten (< 1 %) sind (Stranzl et al., 2004 und 2006).
• Befall der LK der parasternalen Region(Ausnahme bei hohem kardialem Risiko oder simultaner Gabe von Trastuzumab): Bei zentralem/medialem Tumorsitz und G3, HR–und 1–3 pos. axillären LK kann eine RTX unter
Inklusion der parasternalen Region sinnvoll sein. Ab 4 pos. LK und zusätzlich G3, HR– sollte die RTX der Parasternalregion ebenso diskutiert werden. Eine dezidierte Empfehlung in den Leitlinien kann aufgrund der geringen Fallzahlen in den Publikationen nicht gegeben werden (Budach et al., 2015).
6.2.1.4. Besonderheiten
• Inflammatorisches Karzinom:
Trimodales Therapiekonzept mit Systemtherapie, Operation und postoperativer lokoregionärer RTX, die obligat zur Anwendung kommen soll. Auch hier ist ein exaktes prätherapeutisches Staging zur Beurteilung des Risikoprofils und Entscheidung nachfolgender adjuvanter Therapiemaßnahmen zwingend. Therapie: MRM, AD, kein SN, RTX der Lymphabflusswege und jedenfalls Boost. BET: wird bei pCR derzeit diskutiert – individuelle Entscheidung und nicht endgültig entschieden.
• Patientinnen mit synchroner Oligometastasierung:
Thematik wird derzeit bei anderen Tumorentitäten ausführlich untersucht. Abgeleitet davon kann es nach lokaler Therapie für Subgruppen einen Überlebensvorteil geben. Retrospektive Daten beim Mammakarzinom sind allerdings uneinheitlich und daher besteht diesbezüglich keine Standardempfehlung.
Die vorliegenden randomisierten Daten zeigen ein insgesamt kleines Kollektiv und durch eine Lokaltherapie keinen signifikanten Überlebensvorteil durch eine lokoregionäre Therapie. Eine Bestrahlung der Metastase zur Symptomlinderung kann unter palliativem Gesichtspunkt bei Bedarf angeboten werden. Allerdings zeigten Subgruppenanalysen in diesem Kollektiv einen signifikanten Überlebensvorteil bei jungen Frauen (< 50 J.) mit positivem HR-Status und ossärer Filisierung (Badwe et al., 2015).
• Männliches Karzinom:Staging und Therapieempfehlungen analog zum weiblichen Mammakarzinom.
Die Diagnosestellung erfolgt oft in einem lokal fortgeschrittenen Stadium und aufgrund der geringen Größe der männlichen Brustdrüse (somit ungünstige Relation: Tumorgröße zu Brustdrüse) wird eine MRM + SN/AD empfohlen. Die PMRT sollte jedenfalls bei N+, ab T ≥ 2 cm und HR–erfolgen. Eine zusätzliche nodale RTX wird analog zu Empfehlungen bei der Frau angeboten (Stranzl et al., 1999).
• Phyllodes-Tumor:Postoperative RTX bei Borderline und malignen Varianten, vor allem bei großem Tumor (ab 5 cm), jüngeren Patientinnen, R1-Resektionen, Lokalrezidiven. Weiten Resektionsrand anstreben (idealerweise ≥ 10 mm) (Chao et al., 2019; Choi et al., 2019).
• Angiosarkom, RTX-assoziiert:Sehr ungünstige Prognose, RTX nach MRM bei großem Tumor, R1 (Depla et al., 2014).
• Primäres Sarkom:MRM +/– AD, adjuvante RTX bei Tumor ab 5 cm, R1 oder knappen Resektionsrändern, da hohe Lokalrezidivrate (Ghareeb et al., 2016).
• Brustimplantat-assoziiertes großzelliges anaplastisches Lymphom (BI-ALCL):Selten, jedoch Häufung bei texturierten Implantaten. Tumorektomie und Implantatentfernung, postoperative lokale RTX, falls R1 oder N+(Horwitz et al., 2018; NCCN Guidelines 2020).
• Primäres Lymphom:Nach histopathologischer Diagnosestellung (Biopsie/OP) erfolgt die adjuvante RTX der Brust.
• Metaplastisches Karzinom:Da oft großer Tumor, postoperative RTX diskutieren. Chemotherapie zumeist ineffektiv (Ong et al., 2018; Tseng et al., 2011).
• Mb. Paget:Bei isoliertem Mb. Paget nach R0-Resektion des Areolenkomplexes keine adjuvante RTX. Bei Mb. Paget kombiniert mit DCIS oder invasivem Karzinom: operatives Vorgehen entsprechend Standards der Grunderkrankung. Jedenfalls R0-Resektion anstreben. Adjuvante RTX je nach Befund (Caliskan et al., 2008; Durkan et al., 2013).
• Mammakarzinom und Schwangerschaft:Adjuvante RTX nach Entbindung, generelle Empfehlung: Standardbehandlung wie bei nicht-schwangeren Frauen. Während RTX nicht stillen.
• Axilläre Metastasen bei CUP (okkultes Mammakarzinom):Bei negativem Staging (MRT/Mamma) und erfolgter AD: lokoregionäre RTX der Brust +/– Lymphabflusswege. Falls MRM durchgeführt wurde, erfolgt anschließend keine PMRT. Außer es besteht ein ausgedehnter pathologischer Befund im Rahmen der AD und es liegen ungünstige Prognosefaktoren vor; dann kann die adjuvante Radiotherapie lokoregionär angeboten werden.
6.2.1.5. Fragen zur konkomitanten Anwendung während Radiotherapie
• TAM:Möglich.
• Aromatasehemmer:Möglich.
• Trastuzumab:Möglich, außer bei Indikation zu parasternalem Feld, dann während RTX pausieren.
• T-DM1:Möglich (bei konkomitanter Anwendung G1/G2 pulmonale Toxizität 3,4 % vs. 0 % ohne RTX und kardiale Toxizität 3,4 % vs. 1,7 % ohne RTX). Cave: linksseitiges Mammakarzinom und Indikation zu parasternalem Feld (Piroth et al., 2021).
• Checkpoint-Inhibitoren:PD-1-, PD-L1-Inhibitoren, CTLA-4-Inhibitoren (Ipilimumab/Pneumonitis-Risiko). Keine eindeutige Evidenz, vorerst keine konkomitante Gabe empfohlen. Erfahrungen bei anderen Tumorentitäten könnten für die Zukunft auf gute Verträglichkeit hinweisen, dann sorgfältige Nutzen-Risiko-Abschätzung.
• Tyrosinkinase-Inhibitoren:Keine eindeutige Evidenz und keine Abbildung in Leitlinien, keine konkomitante Anwendung empfohlen.
• CDK-4/6-Inhibitoren:Keine Evidenz für konkomitante Anwendung.
• Capecitabin:Sequenzielle Anwendung nach Bestrahlung empfohlen. Publikationen gehen auf die RTX-assoziierten Toxizitäten nicht ein (Masuda et al., 2017; Woodward et al., 2017; Van Mackelenberg et al., 2019; Piroth et al., 2021).Bei konkomitanter Anwendung muss mit deutlich höherer akuter Toxizität gerechnet werden.
6.2.2. Radiotherapie bei nicht-invasivem Mammakarzinom – intraduktales Mammakarzinom (DCIS)
• DCIS:Ca. 20 % aller malignen Tumoren der Brust; gilt als eine Präkanzerose, wobei sich nicht zwangsläufig ein invasives Karzinom entwickelt.
• Operative Therapie (Resektionsrand mind. 2 mm): BET oder MRM (großer Tumor, unklare operative Ränder, mehrere Quadranten betroffen, Rezidivsituation).
Derzeit Studien zum Verzicht auf OP bei Low-Risk-DCIS (England, Kanada: LORIS, LORD, COMET) mittels Biomarker (vorerst noch keine Ergebnisse).
• Lokale Radiotherapie +/– endokrine Therapieals postoperative Therapie der Wahl: WBRT (Gesamtbrustbestrahlung) nach BET obligat. Nach MRM nur in Ausnahmefällen RTX (R1 ohne Möglichkeit einer Nachresektion). Die Bestrahlung (aller Risikogruppen des DCIS) senkt das lokale Rezidivrisiko (invasiv und nicht-invasiv) um > 50 %. Auch in der Low-Risk-Tumor-Gruppe wurde laut RTOG 9804 nach 12 Jahren Beobachtung die Rezidivrate von 11,4 % (Verzicht auf RTX) auf 2,8 % (adjuvante RTX) gesenkt. Bisher zeigte keine Studie einen Einfluss der RTX auf das Gesamtüberleben (Narod et al., 2015;n = 108.196, SEER Database, retrospektive Analyse). Die brustkrebsspezifische Mortalitätsrate war mit 3,3 % gering.
• Verzicht auf RTX beim Low-Risk-DCIS möglich(Low-Risk: G1/G2, ER+/PR+, Erstdiagnose
i. R. Screening, Tumor ≤ 2,5 cm, R0 [mind. 2 mm]; Patientinnen älter als 45 J.). Individuelle Nutzen-Risiko-Bewertung mit Patientinnen zwingend erforderlich (Lazzeroni et al., 2017).
• Boost nach DCIS:Nur bei Vorliegen eines hohen Lokalrezidivrisikos (R1 ohne Möglichkeit einer Nachresektion). ASTRO: Boost bei Frauen < 50 J. und R1/R2/R0 (knapp: < 2 mm). Metaanalyse (Nilsson et al., 2015; n = 6.943):Reduktion des Lokalrezidivrisikos durch postoperativen Boost bei positivem Resektionsrand.
• Hypofraktionierung und DCIS:Bisher keine prospektiven Daten, daher Empfehlungen derzeit nur von Studienergebnissen der Hypofraktionierung des invasiven Karzinoms ableitbar. Keine Abbildung in Leitlinien, damit derzeit kein Standard und konventionelles Bestrahlungskonzept empfohlen. Es ist jedoch zu erwarten, dass Hypofraktionierung auch bei DCIS Anwendung findet.
• DCIS als lokales Rezidiv:Nach BET und vorangegangener RTX: MRM zu bevorzugen, evtl. Brusterhaltung. Nach BET ohne vorangegangene RTX: WBRT.
• RTX:50–54 Gy, Boost bei R1/R0 (knapp).
• DCIS mit Mikroinvasion:Therapie analog zu invasivem Mammakarzinom.
6.2.3. Radiotherapie von Patientinnen in palliativer Intention
Eine Metastasierung ist vorwiegend in Skelett, Lunge, Leber und Gehirn zu beobachten. Die Bestrahlung erfolgt in diesem Fall symptomorientiert und zum Zwecke der Schmerzlinderung und/oder Stabilisierung. Bei solitärer Metastasierung sind oftmals nebenwirkungsarme Hochpräzisionskonzepte möglich (Stereotaxie). Ziel ist die Reduktion der Tumormasse mit Verbesserung der Lebensqualität.
6.3. Systemische Therapie
6.3.1. Chemotherapie
• Stellt sowohl im neoadjuvanten, adjuvanten als auch palliativen Settingeinen wesentlicher Therapiepfeiler dar.
• Die effektivsten Zytostatika sind Anthrazykline, Taxane und Cyclophosphamid.
• Die am häufigsten verwendeten Chemotherapieschemata beim Mammakarzinom siehe Tab. 7.
-in der neoadjuvanten Situation sind es vor allem Anthrazyklinkombinationen gefolgt von einem Taxan +/– Carboplatin
-in der Palliativtherapie sind es vor allem liposomale Anthrazykline, Vinorelbin, Gemcitabin, Eribulin und Capecitabin
6.3.2. Zielgerichtete Therapie
6.3.2.1. Integration zielgerichteter Therapieoptionen beim Mammakarzinom siehe Tab. 7.
6.3.2.2. Endokrine Therapie
• Endokrine Therapieoptionen beim HR-positiven Mammakarzinomund Nebenwirkungen siehe Tab. 8
• Adjuvante endokrine Therapie beim HR-positiven Mammakarzinom:Vorgehen in der Prä- bzw. Postmenopause siehe Tab. 9