I. Mammakarzinom
8. NACHSORGE F. Peintinger, E. Petru
Generell gilt das im Kapitel „Nachsorge bei Frauen nach gynäkologischen Krebserkrankungen“ (Seite 174) dargestellte Vorgehen in der Nachsorge auch für das Mammakarzinom.
Speziell für das Mammakarzinom seien noch ein paar zusätzliche klinisch relevante Aspekte, insbesondere als Basis für eine breitere interdisziplinäre Diskussion sowie eine mögliche Diskussion mit Patientinnen angeführt:
- Diagnostisch-therapeutisches Gespräch:
-Aufklärung über mögliche Symptome eines Rezidivs bzw. Metastasierung
-Empfehlungen berücksichtigen nicht individuelle Situationen, deshalb: Anleitung der Betroffenen zur Selbstbeobachtung von Symptomen und Anzeichen von Metastasen und zur Brustselbstuntersuchung
- Anamnese, klinische Untersuchung:
-individualisierte Nachsorge unter Berücksichtigung von Alter, Komorbidität, speziellen Situationen
-Checkliste Symptome: z. B. Knoten in der Brust u./o. lokoregionale Lymphknoten, Hautveränderungen, Skelettanamnese, thorakale Schmerzen, Dyspnoe, abdominale Schmerzen, Kopfschmerzen, Schwindel
- Evaluierung von Risikofaktoren:Genetische Beratung bei positiver Familienanamnese (v. a. Mamma, Kolon, Ovar, Endometrium etc.).
- Gynäkologische Untersuchung:Jährlich, unter Berücksichtigung von postmenopausalen Patientinnen, die mit SERMs wie Tamoxifen behandelt werden.
- Mammografie/Sonografie:
-jährliche Mammografie/Sonografie zur Früherkennung eines Lokalrezidivs oder eines neuen primären Mammakarzinoms; keine Empfehlung zur Routine-MR-Mammografie
-MR-Mammografie u./o. Sonografie nach Rekonstruktion mittels Implantaten bei Mutationsträgerinnen
- Laboruntersuchungen wie z. B. Tumormarkerbestimmung:Keine Empfehlung zur Routine-Labordiagnostik bei symptomatischen Patientinnen. Weltweit wird von internationalen Fachgesellschaften wie der ASCO die Bestimmung von Tumormarkern in der Nachsorge des Mammakarzinoms nicht empfohlen. Als pars pro totowird eine herausragende Studie von Goldhirsch et al. zur Bestimmung von CA15/3 im Rahmen einer gepoolten Analyse von 7 prospektiven Studien der International Breast Cancer Study Group aufgeführt (Keshaviah et al., 2007). Der Tumormarker CA 15/3 wurde nach Abschluss der Primärtherapie bei 3.953 Patientinnen mit operiertem, nicht-metastasiertem Mammakarzinom im ersten Jahr der Nachsorge 4 x, im 2. Jahr 2 x und ab dem 3. Jahr 1 x/Jahr bestimmt. CA 15/3 wurde als abnormal eingestuft, wenn der Wert > 30 E/ml oder > 50 % höher als der erstbestimmte Wert war. 784 Patientinnen mit Mammakarzinom wiesen bei einer Nachbeobachtung von bis zu 12 Jahren ein Rezidiv auf (20 %). 35 % von diesen hatten in diesem Zeitraum einen oder mehr abnormale CA-15/3-Werte. Bei den Patientinnen mit einem Rezidiv zeigte sich nur bei 40 % zum Zeitpunkt der Rezidivdiagnose ein erhöhter CA-15/3-Wert. Andererseits wiesen knapp 15 % der Patientinnen ohne ein je nachgewiesenes Rezidiv oder einen Zweittumor zu irgendeinem Zeitpunkt der Nachsorge einen erhöhten Tumormarkerwert auf. Es waren zu den verschiedenen Untersuchungszeitpunkten unterschiedliche Patientinnen, die einen erhöhten Marker aufwiesen. Gerade letzteres Ergebnis weist darauf hin, dass der erhöhte Tumormarker in der Nachsorge allein zu einer Vielzahl von Folgeuntersuchungen führen kann und damit zu relevanten negativen psychologischen Effekten, ohne dass ein Zusammenhang mit einem Rückfall besteht und die Patientin gar davon profitiert.
- Spezielle Untersuchungen:
-Knochengesundheit: DEXA-Messung vor Beginn einer antihormonellen Therapie mit Aromatasehemmern; DEXA-Messungen in regelmäßigen Abständen bei Patientinnen, die mit einem Aromatasehemmer, bei prämenopausalen Patientinnen, die mit Tamoxifen oder GnRH-Analoga behandelt werden, und bei Patientinnen mit einer Chemotherapie-induzierten Postmenopause (www.dv-osteologie.org)
-histologische Abklärung bei Blutungen unter Tamoxifen in der Postmenopause