5.1. TNM- und FIGO-Klassifikation siehe Tab. 8
5.2. Risikobeurteilung des Tumors in Bezug auf Lymphknotenbefall und Rezidivwahrscheinlichkeit
• Auf Basis einschlägiger histologischer Befunde des Kürettagematerials und der präoperativen klinischen Diagnostik vorläufige Einschätzung und Einteilung in Risikogruppen (Low-, Intermediate-, Intermediate-High- und High-Risk-Tumoren) zur Operationsplanung fallweise möglich.
• Intraoperative Überprüfung durch klinische und histologische Gefrierschnitt-Beurteilung zur Anpassung der Radikalität der Operation (insbes. Lymphadenektomie, Debulking).
• In Zusammenschau des abschließenden Stadiums und der endgültigen histologischen Ergebnisse definitive Beurteilung des Rezidivrisikos (essenziell für die Indikationsstellung allfälliger adjuvanter Therapien). Hierzu sollten auch die sog. ProMisE-Kriterien (siehe 4.3.) Berücksichtigung finden.
5.3. Risikogruppen und Ausbreitungssituationen (Colombo et al., 2016)
• Low-Risk-Karzinome (minimales Risiko für einen Lymphknotenbefall [bis 3 %] und Rezidiv):
-ausschließlich Typ-I-Karzinome
-Grading 1 und 2 (G1, G2)
-< 50 % Invasionstiefe (FIGO-Stadium Ia)
-kein Lymphgefäß- oder Venenbefall (Lindauer et al., 2003)
• Intermediate-Risk-Karzinome(intraoperativ wie High-Risk-Karzinome zu behandeln):
-ausschließlich Typ-I-Karzinome
-≥ 50 % Invasionstiefe (FIGO-Stadium Ib) und G1, G2
-kein nachweisbarer Lymph- oder Veneneinbruch
• Intermediate-High-Risk-Karzinome:
-ausschließlich Typ-I-Karzinome
-< 50 % Invasionstiefe (FIGO-Stadium Ia), aber G3
-FIGO-Stadium Ia oder Ib mit Lymphgefäßeinbruch (LVSI)
• High-Risk-Karzinome(höchstes Risiko für LK-Befall [bis über 30 %] und Rezidiv):
-≥ 50 % Invasionstiefe (FIGO-Stadium Ib) und G3
-FIGO-Stadium II
-FIGO-Stadium III ohne Tumorrest
-alle Typ-II-Karzinome (seröse, klarzellige, entdifferenzierte Karzinome, Karzinosarkome [MMMT]), unabhängig vom Stadium
• Lokoregional fortgeschrittene Karzinome:FIGO-Stadium III mit Tumorrest und FIGO-Stadium IVa.
• Metastasierte Erkrankung:FIGO-Stadium IVb (Colombo et al., 2016).
5.4. Molekulare Marker und Rezeptoren zur Risikobeurteilung
• Miteinbeziehung in die individuelle Risikobeurteilungscheint schon heute trotz fehlender prospektiver Studien sinnvoll.
• p53-Überexpression und hohe (≥ 9 %) S-Phase-Fraktionim Kürettagematerial sind mit einem 7-fach erhöhten Rezidivrisiko und einem 10-fach erhöhten Sterberisiko assoziiert (Silverman et al., 2000).Die immunhistochemische (IHC) p53-Untersuchung ist Teil der ProMisE-Kriterien (siehe Tab. 4 und 9).
• POLE–Mutationsstatus(ad ProMisE-Kriterien): POLE-Mutationen (im Polymerase-Ɛ-Gen) weisen beim Endometriumkarzinom auf eine exzellente Langzeit-Prognose hin und erlauben es, trotz der oft bizarren histologisch Grad-3-Tumoren mit allen Zeichen hoher Malignität auf eine adjuvante Therapie zu verzichten. Voraussetzung ist jedoch, dass es sich wirklich um Mutationen in der Exonuklease-Domäne des POLE-Gens handelt, die darüber hinaus in einem „Hotspot“-Bereich dieser Domäne liegen. Tumoren mit einer entsprechenden Mutation werden als ultramutierte und somit hochimmunogene Malignome angesehen, die für eine Therapie mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren in Frage kommen.
• Adhäsionsmolekül L1CAM (CD 171)zur Vorhersage erhöhter Rezidivraten (insbesondere hämatogener Rezidive) und eines schlechten Überlebens (Zeimet et al., 2013).
• Fehlende Expression des Östrogenrezeptorsbei Typ-I-Tumoren des Stadiums I ist mit erhöhten Raten an Lymphknotenmetastasen assoziiert (Gehrig et al., 1999).
• Bestimmung des HER2-Statusin Analogie zum Mammakarzinom (IHC und FISH): Bei serösen Endometriumkarzinomen unbedingt erforderlich zu einer möglichen zielgerichteten Therapie mit Trastuzumab (Fader et al., 2018)und evtl. auch als duale HER2-Blockade in Kombination mit Pertuzumab (beides als Off-Label Use). Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat T-DM1 (Trastuzumab-Emtansin) könnte in schwierigen alternativlosen Therapieentscheidungen bei HER2-positivem serösem EC (als Off-Label Use) eine Option darstellen.
• Zukünftiges Potenzial der molekularen Charakterisierung:
-Vorhersage der Wirksamkeit zielgerichteter Therapie im Sinne einer „personalisierten Präzisionsmedizin“ (siehe HER2-Status)
-Hilfestellung bei den klassischen Therapieentscheidungen (operative Radikalität; adjuvante Systemtherapien) durch Feststellung eines erhöhten Rezidivrisikos
5.5. Screening auf Lynch-Syndrom
• Alle Endometriumkarzinomesollten auf die Expression der Lynch-Gene (MLH1, MSH2, MSH6, PMS2 und EPCAM) mittels IHC untersucht werden.
• Bei fehlendem Nachweis dieser Lynch-Proteine ist nach Aufklärung der Patientin gemäß dem Gentechnik-Gesetz eine Keimbahn-Mutationsanalyse durchzuführen. Jedoch soll auch beim immunhistochemischen Nachweis aller Lynch-Proteine das Screening durch eine Untersuchung auf Mikrosatelliteninstabilität (MSI) (mittels PCR aus Tumorgewebe) erweitert werden (siehe AGO-Empfehlungen) (Zeimet et al., 2017).
• Die Diagnose „Lynch-Syndrom“ist nur mittels Keimbahndiagnostik aus dem Blut nach entsprechender Aufklärung der Patientin entsprechend dem Gentechnik-Gesetz zu stellen.
• Prädiktion für Immuntherapie:Nachweis eines somatischen oder Keimbahn-Defekts im DNA-Mismatch-Reparatursystem gilt als wichtiger Prädiktor für das Ansprechen auf eine Immuntherapie mittels sog. Checkpoint-Inhibitoren